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22.03.12 –
Harald Ebner hat in seiner Bundestagrede zum Antrag Forschung zur Sicherung der weltweiten Ernährung die unzureichenden Aktivitäten der Regierungskoalition bei diesem zentralen Thema scharf kritisiert und eine verstärkte Förderung nachhaltiger Ansätze für die betroffenen Menschen gefordert - wie sie auch der Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) empfiehlt.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Der Kollege Harald Ebner hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist wahr: Wir stehen weltweit vor großen Herausforderungen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, welche Art von Ernährung eine wachsende Weltbevölkerung braucht, wie wir diese sichern und dabei die ökologischen Lebensgrundlagen bewahren können.
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Im Zentrum aller Überlegungen müssen die Betroffenen stehen. Die Experten sind sich einig: Der Großteil der Hungernden sind Kleinbauern und landlose Landarbeiter, genauer gesagt: Kleinbäuerinnen und landlose Landarbeiterinnen; denn es sind die Frauen, die in den fraglichen Ländern die Verantwortung in der Landwirtschaft übernehmen. Das ist die Zielgruppe. Es gilt, für diese Menschen Lösungen und Forschungsansätze zu entwickeln.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. René Röspel [SPD])
In dem erwähnten TAB-Bericht wird diese Frage auf fast 100 Seiten umfassend behandelt, so wie es die Problematik erfordert. Der vorliegende Antrag der Koalition umfasst gerade einmal zweieinhalb Seiten.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Wie viel wäre Ihnen denn recht gewesen? 50, 60, 80?)
– Man könnte sagen: Klasse statt Masse. Jetzt schauen wir einmal, wo die Qualitäten liegen.
Der Bericht spricht eine klare Sprache: Die bisherige Forschung setzt überwiegend auf Produktionssteigerungen mithilfe von externen Inputs – Kunstdünger, Pestizide, Hybrid- oder gar gentechnisch verändertem Saatgut. Dabei macht der TAB-Bericht deutlich, dass solche technologiefixierten Ansätze die eigentlichen Adressaten oft überhaupt nicht erreichen, sondern nur lokalen Eliten nutzen. Dagegen werden wichtige Forschungsfelder vernachlässigt, die laut Bericht wesentlich vielversprechendere und nachhaltigere Beiträge zur Welternährung liefern könnten, zum Beispiel Low-Input-Systeme wie der Ökolandbau, dem der Bericht – ich zitiere – „enormes Potenzial“ zur Ertragssteigerung und -stabilisierung bescheinigt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Einfluss von Ernährungsstilen auf die Nahrungsmittelversorgung wird in Deutschland praktisch überhaupt nicht erforscht. Überhaupt wird der gesamte Bereich der Nachfrageseite vernachlässigt. Es fehlt auch an Forschung, die mittels echter Partizipation zuerst die Bedürfnisse der Zielgruppe abfragt und dann angepasste Lösungen entwickelt, die wirklich dem Leitbild „Hilfe zur Selbsthilfe“ entsprechen. Die Worte von Herrn Rachel habe ich wohl gehört, aber ich finde sie im Antrag nicht.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Soll er den Antrag vorlesen, oder was?)
Inter- und transdisziplinäre Ansätze müssen Sie in Deutschland mit der Lupe suchen, ebenso Lehrstühle für Agrarsoziologie. Es gilt, genau hier anzusetzen. Doch der Antrag beschränkt sich auf Gemeinplätze und allgemeine Forderungen, ohne die Kernanregungen des TAB-Berichts konkret aufzugreifen. Schlüsselfaktoren der Welternährung – die Situation der Kleinbauern, Genderfragen, marginale Standorte oder Ernährungsstile – werden im Antrag überhaupt nicht erwähnt.
Stattdessen setzt die Bundesregierung, allen voran Ministerin Aigner, ihre bisherige Agrarpolitik unverdrossen fort. Auf 3 Millionen Hektar werden in Südamerika Futtermittel für deutsche Tierställe angebaut. Wer wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage zur Welternährung behauptet, dass der Anbau von Futtermitteln in Entwicklungsländern für die Fleischproduktion in Europa ein Beitrag zur Welternährung sei, verspielt jeden Anspruch auf Glaubwürdigkeit in Welternährungsfragen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
In dem TAB-Bericht wird von einem ungeheuren Ungleichgewicht hinsichtlich der Mittelausstattung von Agrogentechnik und Ökolandbau gesprochen, und es werden konkrete Forschungsfelder benannt, auf denen stattdessen vermehrt gearbeitet werden muss. Und da haben Sie die Stirn, in Ihrem Antrag zu fordern, dass die zentralen Forschungsfelder erst einmal identifiziert werden müssten. Sie wollen munter weitere Prüfschleifen drehen. Sie wollen weitere wertvolle Jahre verplempern und noch einmal fragen, wo geforscht werden muss. Statt die Empfehlung des Berichts aufzugreifen, rennen Sie immer noch technologiegläubig den Heilsversprechen der Agrogentechnik hinterher,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
und das, obwohl die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage gerade erst bestätigen musste, dass die Gentechnik keinen signifikanten Beitrag zur Welternährung geliefert hat. Ich verkürze meine Rede jetzt, da meine Redezeit gleich abgelaufen ist.
(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Gut so!)
Wenn man die heiße Luft, die Sie in solchen Anträgen und Anfragen produzieren, zur Energiegewinnung nutzen könnte, wäre die Energiewende schon geschafft.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Genau! Solaranlagen wieder weg vom Feld und wieder Rüben anbauen!)
Wir können und dürfen es uns aber nicht leisten, einer gleichermaßen riskanten wie teuren und erfolglosen Technologie weiterhin Millionen hinterherzuwerfen. Die Welternährungsfrage ist zu wichtig, um sie derart unseriös in einem Kurzantrag abzuhandeln. Nach dem TAB-Bericht ist dieser Antrag eine Bankrotterklärung der schwarz-gelben Politik.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Uwe Schummer [CDU/CSU]: Billiges Feindbild! Ganz billig!)
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