EU-Saatgut-Verordnung - eine verpasste Chance?

Biodiversität wird mit dem neuen Verordnungsvorschlag nicht gefördert. Es genügt nicht, das Thema "genetische Vielfalt" nur über Ausnahmeregelungen abzuhandeln. Wer den dramatischen Verlust an Pflanzensorten stoppen will, muss Sortenvielfalt nicht nur tolerieren, sondern aktiv fördern.

06.05.13 –

Zum EU-Entwurf für eine neue Saatgut-Verordnung erklärt Harald Ebner, Sprecher für Agro-Gentechnik der Grünen Bundestagsfraktion:

Biodiversität wird mit dem neuen Verordnungsvorschlag nicht gefördert. Es genügt nicht, das Thema "genetische Vielfalt" nur über Ausnahmeregelungen abzuhandeln. Wer den dramatischen Verlust an Pflanzensorten stoppen will, muss Sortenvielfalt nicht nur tolerieren, sondern aktiv fördern. Gerade die Ökolandbau-Züchtung, für die keine Ausnahmen vorgesehen sind, benötigt völlig andere Kriterien, um den Anforderungen an eine nachhaltige Landwirtschaft gerecht zu werden. Der mit der Verordnung festgeschriebene bürokratische Aufwand stellt damit die notwendige dynamische Entwicklung des ökologischen Landbaus in Frage.

Genetische Vielfalt lässt sich letztlich nur durch praktischen Anbau vieler Sorten erhalten. Es ist zynisch, wenn sich jetzt ausgerechnet Bundesagrarministerin Aigner als  Hüterin der genetischen Vielfalt auf deutschen Äckern inszeniert. Gerade die Bundesregierung hat in den letzten Monaten mit aller Macht gegen die Vorschläge von Agrarkommissar Ciolos für vielfältigere Fruchtfolgen gekämpft und den Ökolandbau konsequent vernachlässigt.

Die Kommission hält am bisherigen Leitbild für die Pflanzenzüchtung fest, wonach neue Sorten einheitlich, klar abgrenzbar und über Generationen gleichbleibend sein müssen. Diese Kriterien und Sortenprüfungen galten auch bisher, sind aber auf die Produktionsweise großer Zuchtunternehmen ausgelegt. Die EU-Staaten konnten jedoch die nationale Umsetzung der bisherigen Richtlinien für Vereinfachungen für kleine Züchter, die Öko-Züchtung oder nicht-kommerzielle Züchtungsinitiativen nutzen. Die neue Verordnung hebt diese Spielräume auf und ersetzt sie durch eng begrenzte Ausnahmeregelungen, z. B. für "historische" Sorten.

Wir werden deshalb im weiteren Abstimmungsverfahren für mehr Engagement für die Agro-Biodiversität und für möglichst große Spielräume für die ökologische Pflanzenzucht, Erhaltungszucht-Initiativen und kleine Züchter kämpfen. Bisher sind die Ausnahmeregelungen zu eng definiert und lassen kleinen Saatgutentwicklern zu wenig Luft. So ist die Beschränkung der Erzeugung von Erhaltungssorten- Saatgut in deren "Ursprungsregion" unpraktikabel, wenn dort geeignete Anbauflächen fehlen. Gerade bei den Ausnahmeregelungen wird zudem auf ausstehende Durchführungsbestimmungen verwiesen, die z. B. die Maximalmengen für "Nischensorten" definieren sollen. Damit könnten diese Spielräume noch eingeschränkt werden.

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