BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Harald Ebner, MdB

Bundestagsrede zum Gentechnikgesetz

In seiner Rede vor dem Bundestag am 20. Oktober forderte Harald Ebner Landwirtschaftsminister Schmidt auf, gegen die Zulassung neuer Genmaissorten in Europa zu stimmen. Mitte November stimmen die EU-Mitgliedstaaten darüber ab. Außerdem forderte er ein rechtstaugliches, sicheres Gentechnikgesetz, wie es die Bundesländer in ihrem Entwurf vorgeschlagen haben. Europa dürfe kein Flickenteppich aus Ländern mit und ohne Gentechnikanbau werden. Pollen und Bienen, aber auch Ernte- und Saatgut machen an Grenzen keinen Halt. Bundestagsrede Harald Ebner als Text  Bundestagsrede Harald Ebner als Video

20.10.16 –

Bundestagsrede von Harald Ebner 20.10.2016

Gentechnik

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt, „ja was denn nun?“, haben Sie uns Grüne kürzlich mal wieder nach Tipps gefragt, was Sie denn jetzt endlich mal mit Ihrem Amt anfangen sollen. Nett, dass Sie fragen! Ich hätte da etwas: die Änderung des Gentechnikgesetzes.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)Schließlich versprechen Sie das schon seit Jahren und kommen damit kein Stück voran, genau wie auf den anderen Baustellen.Schon in zwei Wochen stimmen die EU-Staaten wieder einmal über die Zulassungen für den Anbau von Genmais ab, genau wie vor fast drei Jahren, als das ganze Genmaisdebakel begann. Sie haben auf meine Nachfrage jetzt doch tatsächlich geantwortet, Sie wissen noch gar nicht, wie Sie dieses Mal abstimmen werden. Ganz einfach: Wenn Sie den Genmais auf unseren Äckern wirklich verhindern wollen, machen Sie es wie das Europäische Parlament, und stimmen Sie in Brüssel endlich mit Nein. Nur das hilft wirklich.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)Das fordern wir auch in unserem Antrag, dem Sie zustimmen können müssten. Denn wir wollen in Europa keinen Flickenteppich aus Ländern mit und Ländern ohne Gentechnikanbau. Wir alle wissen: Pollen und Bienen, aber auch Saat- und Erntegut machen nicht an Staatsgrenzen halt. Wenn Sie nicht mit Nein stimmen, hängt unsere Gentechnikfreiheit allein von der Gnade der Konzerne ab, die ganz generös auf den Anbau in Deutschland verzichten können, falls ihnen danach zumute ist und wenn wir sie darum bitten. Wer die Zulassung nicht ablehnt, der ermöglicht sie und spielt mit beim Plan der Agrarkonzerne, die so mit ein paar gönnerhaften Anbauausnahmen ihre lange gewünschten Zulassungen für Gentechnikpflanzen erreichen wollen.Vor zwei Jahren haben Sie hier hoch und heilig versprochen, dass es mit der Großen Koalition künftig keine Anbauzulassungen mehr geben würde. Heute trauen Sie sich noch nicht einmal, darüber abzustimmen. Haben Sie Angst, dass man merkt, dass Sie nicht Wort halten? Damals haben Sie die Aussage, dass wir den Verzicht auf Gentechnikanbau nur von Gnaden der Konzerne bekommen würden, weit von sich gewiesen. Wer bei Anbauverboten Koch ist und wer Kellner – Herr Minister Schmidt, das haben Sie gesagt –, sei völlig klar. Dann sind Sie aber doch zum Kellner geworden. Sie haben vor einem Jahr Bittbriefe an die Konzerne geschrieben, Herr Minister, Deutschland von ihren Zulassungsanträgen auszunehmen. Das ist doch kein souveränes Staatshandeln.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)Unsere Gentechnikfreiheit kann doch nicht von Versprechungen privater Unternehmen abhängen, die ihre Geschäftsstrategie schon morgen ändern können, je nachdem, von wem sie gerade gekauft werden.Deshalb brauchen wir jetzt dringend ein Gesetz, lieber Herr Minister Schmidt, werte Kolleginnen und Kollegen, und zwar ein funktionsfähiges, ein taugliches und rechtssicheres Gesetz. Weil Sie kein praktikables Gesetz hinbekommen haben, haben die Bundesländer über den Bundesrat einen eigenen vernünftigen und tauglichen Gesetzentwurf eingebracht. Den hätte die Beauftragte des Bundesrates, Ulrike Höfken, gerne vorgestellt. Sie ist aber terminlich leider verhindert. Sie haben sich allerdings hartnäckig geweigert, diesen Beschluss des Bundesrates voranzubringen. Stattdessen haben Sie die Länder ein weiteres Jahr mit Verhandlungen hingehalten, angeblich zur Kompromissfindung. Aber der Gegenentwurf, den Sie jetzt vorgelegt haben, zeigt: Sie wollen gar keine Lösung mit den Ländern.(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])Sie haben gar kein Interesse daran, die Position des Bundesrates auch nur im Ansatz ernst zu nehmen. Sie wollen den Ausstieg aus dem Gentechnikanbau partout vorsätzlich unterlaufen und aufweichen.Die Minimalanforderungen an ein funktionierendes Gesetz liegen doch auf der Hand. Es braucht zwingend ein bundesweit einheitliches Verfahren. Dazu muss klar sein: Die Bundesregierung soll handeln, und zwar die gesamte Bundesregierung. Es darf nicht vom Veto einzelner Ministerien abhängen. Das sehen Sie aber in Ihrem Gesetz so vor. Das EU-Recht fordert für die Phase 1 der Verbote keine Begründung ein. Wieso wollen Sie dann diese zusätzliche Bürokratiehürde einführen? Das verstehe ich beim besten Willen nicht.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)Bundesweite Anbauverbote müssen auch halten. Es kann doch nicht sein, dass ein einziges Bundesland ausreicht, um das gesamte Verbot einfach mir nichts, dir nichts wieder zu kippen. In Ihrem Entwurf ist damit eine Unwirksamkeitsklausel eingebaut. Sie wollen keine nationalen, bundeseinheitlichen Anbauverbote. Damit schaffen Sie den Flickenteppich, den wir immer befürchtet haben. Das darf nicht sein.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)Den Weg zum sicheren Ausstieg aus der Gentechnik im Anbau hat der vom Bundesrat verabschiedete Gesetzentwurf geliefert. Diesen bringen wir heute ein; denn er ist gut und solide gemacht.Und wir müssen das auch zukunftsfest machen. Sorgen Sie dafür, dass nicht durch die Hintertür Ausnahmen geschaffen werden für neue Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas und wir es nicht plötzlich mit unkontrollierter Gentechnik auf unseren Äckern und Tellern zu tun bekommen. Denn auch die neue Gentechnik ist Gentechnik. Das besagen auch die vorliegenden Rechtsgutachten. Das müssen wir in Deutschland und auf EU-Ebene klarstellen; sonst geht es uns wie im letzten Jahr, als eine deutsche Behörde gegen geltendes Recht ohne jede Risikoprüfung Ausnahmegenehmigungen für genau solch einen neuen Gentechnikraps erteilt hat. Da geht es nicht darum, zu entscheiden, ob und wo man diese Technologie anwendet, sondern es geht grundlegend um die Handhabung mit Risikoprüfung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, wie sie bei Gentechnik immer notwendig ist.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie tatsächlich keine Gentechnik auf dem Acker wollen, dann sorgen Sie für eine klare Regelung zum Ausstieg aus der Gentechnik, indem Sie die anstehenden Genmaiszulassungen in Brüssel klar ablehnen, den Gentechnik-Gesetzentwurf des Bundesrates in Kraft setzen, Ihren eigenen in den Schredder werfen und keine Ausnahmen für die neue Gentechnik zulassen.Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

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Agrogentechnik | Bundestagsreden

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