BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Harald Ebner, MdB

Gentechnikanbau musss bundesweit einheitlich verboten werden

Minister Schmidts Gesetzentwurf enttäuscht die Mehrheit der Menschen in diesem Land. Wenn wenn es kein bundeseinheitliches Anbauverbot gibt, dann kriegen wir einen Flickenteppich. Wer garantiert uns, dass alle Länder Verbote aussprechen? Ein solcher Flickenteppich ist der Anfang vom Ende der Gentechnikfreiheit in Deutschland. Bundestagsrede Harald Ebner

15.02.15 –

Bundestagsrede von Harald Ebner

25.02.2015 Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit Samstag reiben wir uns verwundert die Augen. Minister Schmidt hat mal wieder einen Knaller rausgelassen und angekündigt, die Verantwortung für Gentechnikanbauverbote an die Länder abzuschieben. Der Minister der erratischen Dialektik ist der personifizierte irrlichternde Versuchsballon, behaupte ich mal. Nach Wurst und Barcode kommt jetzt das nächste Kapitel. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir erleben seit Samstag den dreisten Versuch, den großen, den ganz großen Gentechnikbetrug an der deutschen Öffentlichkeit zu vollenden. Denn dieser Gesetzentwurf, der der Presse vorliegt, widerspricht allem, was den Menschen seit dem Merkel-Mais-Debakel vor einem Jahr von der Großen Koalition versprochen wurde. Seither werden Sie ja nicht müde, zu betonen: Alles halb so wild. Wir haben den Genmais zwar nicht verhindert, aber wir machen jetzt ein nationales Anbauverbot. – Sie behaupten alle immer noch, Sie wollen ein flächendeckendes Anbauverbot für ganz Deutschland. Der Minister hat jetzt zudem betont, dass er im Ergebnis keinen Flickenteppich in Deutschland haben wolle. Leider müssen wir heute feststellen: Alles nur Lippenbekenntnisse. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Sie haben Ihr Wort beim Thema Gentechnik erneut gebrochen und die Erwartungen der großen Mehrheit der Menschen in diesem Land enttäuscht; das war schon beim Genmais 1507 so. Denn wenn es kein bundeseinheitliches Anbauverbot gibt, dann kriegen wir doch genau diesen Flickenteppich. Wer garantiert uns denn, dass alle Länder Verbote aussprechen? Ein solcher Flickenteppich ist der Anfang vom Ende der Gentechnikfreiheit in Deutschland. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Dieser Gesetzentwurf steht im Gegensatz zu allen aktuellen Forderungen der Agrarministerkonferenz der Länder, des Bundesrates, der gentechnikfreien Lebensmittelwirtschaft und der Umweltverbände. Das Landwirtschaftsministerium folgt Gutachten von BMBF und BMEL und hat es nicht einmal nötig, abzuwarten, was denn die anderen Ministerien noch so bieten. Jetzt sollen es plötzlich die Bundesländer richten, weil nationale Verbote angeblich nicht rechtssicher zu begründen sind. Wofür und worüber haben Sie denn in Brüssel monatelang verhandelt, wenn am Ende etwas herauskommt, was angeblich gar nicht funktioniert? Ihre Krokodilstränen können Sie sich an dieser Stelle sparen. Sie haben mit Ihrer Haltung zum Genmais 1507 das Ganze erst ermöglicht. Sie hatten die Gutachten schon vor dem Beschluss in Brüssel vorliegen. Sie haben das in Brüssel so mitbeschlossen. Sie haben das gepusht, gewollt und somit auch zu verantworten. Sie wussten das alles. Und Sie hätten in Brüssel nie und nimmer zustimmen dürfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Wenn Sie hier schon komplett einknicken und versagen, wie sollen die Menschen Ihnen denn glauben, dass Sie unsere Regeln zur Gentechnik bei TTIP nicht auf dem Altar des Freihandels opfern werden? Deutschland droht jetzt der Flickenteppich anhaltender Ideenlosigkeit. Ihre rechtlichen Schwierigkeiten sind nur ein Vorwand und eine Rechtfertigung, kein nationales Verbot erlassen zu müssen. Die Folgen müssen die Menschen ausbaden. Was haben Sie gemacht? Sie haben keinen Finger krumm gemacht, um die nötigen Voraussetzungen für flächendeckende bundeseinheitliche Anbauverbote zu schaffen. Es gibt keine Datengrundlagen zu Kosten durch Koexistenz und Vermeidung von Verunreinigung. Sie haben keine Vorarbeiten für tragfähige Verbotsgründe für die ganze Republik geleistet. Nichts, niente, Fehlanzeige! Sie haben aufgegeben, bevor Sie überhaupt begonnen haben. Sie kapitulieren heute schon vorsorglich vor den Anwaltskanzleien von Monsanto und Co. Und dann schieben Sie es an die Länder ab? Wie soll denn das bitte schön gehen? Wenn der Bund mit seinem Riesenapparat an Ministerien, Anstalten, Instituten angeblich überfordert ist: Wie sollen es dann, bitte, das Saarland, Bremen oder Thüringen schaffen, (Zuruf der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) die Herausforderungen eines wasserdichten Anbauverbots fehlerfrei zu meistern? Das Delegieren der Anbauverbote an die Länder bedeutet in Wahrheit: Sie generieren die 16-fachen Kosten, Sie generieren das 16-fache Risiko des Scheiterns. (Zuruf von der CDU/CSU: Dann sage ich: Wir schaffen den Föderalismus ab!) Das ist aus meiner Sicht die organisierte Verantwortungslosigkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Herr Schmidt, ich frage Sie: Wenn Sie angeblich ein flächendeckendes Anbauverbot für ganz Deutschland wollen, wie kann es dann sein, dass solch ein Gesetzentwurf, der die Zuständigkeit für ein Verbot an die Länder abschiebt, Ihr Haus verlässt? Wer ist denn da eigentlich Herr im Haus? Macht da jeder, was er will, oder hat der Staatssekretär und bekennende Gentech-Fan Bleser den Hut auf? Das würde ich von Ihnen gern mal wissen. Herr Schmidt, Sie machen mit Ihrem Vorgehen eine gentechnikfreundliche Politik – gegen die breite Mehrheit der Menschen in diesem Land. Das ist aus meiner Sicht nicht tragbar. Stehen Sie zu Ihrem Wort! Sorgen Sie dafür, dass es umfassende, echte Verbote für alle Gentechnikpflanzen in ganz Deutschland gibt und nicht nur bei Ihnen zu Hause in Bayern! Auch nördlich des Weißwurstäquators gibt es ein Leben. Da müssen Sie sich auch gegen die Kanzlerin durchsetzen. Die SPD fordere ich auf, – Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Und Sie müssen zum Schluss kommen. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – hier zu dem Wort, das Sie in diesem Jahr gegeben haben, zu stehen. – Ich komme zum Schluss. – Frau Hendricks sollte auch im Sinne des Papiers, das vor ein paar Monaten durch die Presse geisterte, sich dafür vehement einsetzen. Ich bitte Sie alle: Zerreißen Sie diesen Entwurf jetzt, hier und heute, – Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss, Herr Ebner! Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – und schreiben Sie ihn neu mit der Überschrift: Flächendeckendes nationales Anbauverbot für Genpflanzen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

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Agrogentechnik | Bundestagsreden

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