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21.03.14 –
Peter Hauk wirft der Landesregierung „massive Klientelpolitik zugunsten des Natur- und Tierschutzes“ vor. Das klingt für mich so, als hätte sie alles richtig gemacht. Denn ganz ehrlich: Natur und Tiere sind wirklich mal eine unverdächtige Klientel, für die Politik zu machen nur richtig sein kann, denn dieser Klientel wirtschaftet keiner in die Tasche. Ich frage mich wirklich, welche verbalen Jagdgeschütze Herr Hauk erst auffahren will, wenn mal wirklich irgendwo politisch der Wald brennt.
Die Landesregierung hat die emotional aufgeladene Debatte um das neue Jagdgesetz gründlich und sachlich geführt. Eineinhalb Jahre lang hat sie mit betroffenen Jagd-, Natur- und Tierschutzverbänden die unterschiedlichen Positionen und Argumente in einem beispiellosen Beteiligungsprozess diskutiert und Kompromisse ausgelotet. Der Gesetzentwurf steht für einen ausgewogenen Interessensausgleich: Ja zur Jagd, und zwar angepasst an ein modernes Verständnis von Gesellschaft, Naturschutz und Tierschutz. Es liegt auf der Hand, dass bei so einem Prozess alle Beteiligten auch Zugeständnisse machen müssen. Wer jetzt aus diesem Prozess laut klappernd aussteigt und den Pfad gesellschaftlicher Konsensfindung verlässt, erweist sich als höchst unverlässlich und unseriös.
Wie Helmut Rüeck richtigerweise sagt, wurde das Jagdgesetz in sage und schreibe 27 Sitzungen des Beteiligungsverfahrens vorab beraten. So etwas gab es zu schwarzgelben Zeiten in Stuttgart nicht! Das zeigt, dass der Jagdverband schon im Vorfeld alle Möglichkeiten hatte, seine eigenen Vorstellungen, Bedenken und Ergänzungen für den Entwurf des Jagdgesetzes zu formulieren. Die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens sind in den Gesetzentwurf eingeflossen. Was die Jäger dabei erreicht haben, kann sich aus ihrer Sicht eigentlich sehen lassen: so hatten Naturschützer etwa neun Monate Jagdruhe gefordert – im Gesetzentwurf stehen jetzt nur noch zwei Monate.
Dass Teile der Jägerschaft sich jetzt von den Positionen distanzieren, die ihr eigener Verband gerade erst mit ausgehandelt hat, und in alte, ideologische Debatten zurückverfallen, ist sehr bedauerlich. Schon seit letzem Sommer, als das Beteiligungsverfahren noch lief, heizten manche bereits damals massiv und kompromisslos die Stimmung gegen die Novellierung des Jagdgesetzes an – einfach, weil sie jegliche Änderung aus Prinzip ablehnen. Von den früheren schwarz-gelben Landesregierungen waren die Jagdverbände daran gewöhnt, dass sie als einzige zu jagdpolitischen Themen gehört wurden. Es ist also verständlich, aber trotzdem nicht akzeptabel, dass sie sich so sehr gegen die Einbeziehung etwa von Naturschutzverbänden in das Beteiligungsverfahren und die Einführung eines modernen Jagdgesetzes wehren. Und auch CDU und FDP fallen in die alten Reflexe zurück, wenn sie bei der Jagdgesetz-Novelle blindlings ins Horn der Jäger stoßen und den Gesetzentwurf in Bausch und Bogen ablehnen, ohne sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.
Die Gesellschaft stellt an die Jagd heute andere Anforderungen als vor fünfzig Jahren. Das bisherige Jagdrecht hat weder mit der Fortentwicklung des Natur- und Artenschutzrechts in EU und Bund Schritt gehalten, noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte aufgenommen. Diese Erkenntnisse berücksichtigt der Entwurf des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes für Baden-Württemberg, der jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Ich kann nur dazu aufrufen, zum sachlichen Diskurs auf dem Boden wissenschaftlicher Tatsachen und gesellschaftlicher Realitäten zurückzukehren und sich konstruktiv in das weitere Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Wer permanent die Leute auf die Bäume jagt, muss auch zusehen, dass er sie wieder herunterbringt.
HINTERGRUND
Das neue Landesjagdgesetz unterscheidet zum Beispiel drei Gruppen von Wildtieren von „normal bejagdbar“ bist „streng geschützt“. Daneben regelt der Gesetzentwurf etwa ein Verbot von Munition, die die für Menschen und andere Tiere gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe wie Blei enthält, und enthält Bestimmungen zur Fütterung von Wild. Die heimischen Wildtiere sind an die Bedingungen unserer Naturräume angepasst und brauchen in aller Regel keine Fütterung. Ein Ausnahmefall sind Arten, die an ihren natürlichen großräumigen Wanderungen gehindert werden, das betrifft bei uns aber uneingeschränkt nur das Rotwild. Unter anderem soll auch eine zweimonatige umfassende Jagdruhezeit eingeführt werden, denn der ständige Jagddruck führt zu Verhaltensänderungen beim Wild – ausgenommen ist aber Schwarzwildbejagung im Feld.
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