Neue EU-Öko-Verordnung ablehnen reicht nicht

Alle Bundestagsfraktionen haben sich in seltener Einigkeit gegen die vorgeschlagene Novelle der EU-Öko-Verordnung ausgesprochen. Wer den Öko-Landbau wirklich stärken will, muss aber noch einiges mehr tun, wie Harald Ebner in seiner Rede deutlich machte Rede als Video ansehen

16.10.14 –

Alle Bundestagsfraktionen haben sich in seltener Einigkeit gegen die vorgeschlagene Novelle der EU-Öko-Verordnung ausgesprochen. Wer den Öko-Landbau wirklich stärken will, muss aber noch einiges mehr tun, wie Harald Ebner in seiner Rede deutlich machte.

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Redner hat der Kollege Harald Ebner das Wort.

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor 90 Jahren hat der Landwirtschaftliche Kurs die Basis für die Demeter-Bewegung und die öko­logische Landwirtschaft gelegt. Grundlage des ökologi­schen Landbaus ist seither: Bio ist, was mit ökologi­schen Methoden erzeugt wird. Nach dem Motto „Kein Gift drauf, kein Gift dran“ weisen diese Produkte viel weniger Pestizidrückstände auf als unter Einsatz von Agrochemie erzeugte Lebensmittel, wie das Ökomonito­ring seit über zehn Jahren beweist. Der Verzicht auf syn­thetische Pestizide und Düngemittel – Kollege Saathoff hat bereits darauf hingewiesen – ist also das, was den Ökolandbau auszeichnet. Deshalb ist der Beitrag der Ökolandwirtschaft für den Schutz von Klima, Böden, Artenvielfalt und Wasser wissenschaftlich und gesell­schaftlich anerkannt.

Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat den Öko­landbau zum Goldstandard der Nachhaltigkeit erklärt. Bio ist also gut für die Umwelt; schon allein deshalb lohnt es sich, für mehr Ökolandbau zu kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])

Bio ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor mit – Minister Schmidt hatte es erwähnt – nahezu 8 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland und 20 Milliarden Euro Umsatz in der EU. Bio ist also gut für die Wirtschaft. Auch des­halb lohnt es sich, für mehr Bio zu kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Trend zu Bio geht also weiter; der Minister hat die Zuwachsraten genannt. Die Menschen wollen Bio, und sie haben recht damit.

Bio ist gut, aber nicht perfekt. Wir alle wissen: Nobody is perfect. Minister Schmidt hat die Probleme adressiert, sie sind bekannt. Einige lassen sich durch Än­derungen – wohl gemerkt: Änderungen – der EU-Öko-Verordnung lösen. Gerade in der Betrugsprävention wäre innerhalb und außerhalb Europas schon viel ge­wonnen, wenn die aktuelle EU-Öko-Verordnung konse­quent umgesetzt werden würde und Verstöße so sanktio­niert würden, dass Wiederholungstäter auch wirklich abgeschreckt werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS­SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auch Bürokratieabbau ist sinnvoll und notwendig. Aber mit dem Entwurf der Kommission wird gerade das nicht erreicht. Statt die Branche mit absurden Ideen,

 

etwa mit einer Neudefinition von Bio, zu verunsichern und Ökolandwirte für den Pestizideinsatz ihrer Kollegen aus der konventionellen Landwirtschaft haftbar zu ma­chen, sollte man beispielsweise endlich die längst über­fällige Abschaffung von Teilbetriebsumstellungen anpa­cken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Inhaltlich sind wir in all diesen Fragen dicht beieinan­der. Umso mehr bedauere ich es, dass Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, unser Angebot, eine ge­meinsame Initiative aller Fraktionen im Bundestag zu starten, ausgeschlagen haben.

Inhaltlich stimmen wir Ihrem Antrag zu – da steht nichts Falsches drin –, aber wichtig ist auch, was nicht im Antrag steht. Auf nationaler Ebene ist die Agrarpoli­tik der bisherigen Regierungen Merkel ein Generalan­griff auf den Ökolandbau. Das kann auch der heutige richtige Antrag nicht ansatzweise ausgleichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Für mehr deutsche Bioprodukte, Herr Minister, tun Sie bisher doch gar nichts. Bei der Reform der Gemein­samen Agrarpolitik haben die Bundeskanzlerin und die Union die Rahmenbedingungen für Biobetriebe und sol­che, die es vielleicht einmal werden wollen, drastisch verschlechtert. Die Kürzung der Mittel für Agrarum­weltmaßnahmen ist nun einmal das Gegenteil von Öko­landbauförderung. Ich kann es nicht ändern, es ist so.

(Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Wo steht denn das?)

Eine Auslastung des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirt­schaft von 90 Prozent, Kollege von der Marwitz, ist eine gute Auslastung. Aber es bleibt auch unter Schwarz-Rot ein Selbstbedienungsladen für alle möglichen Akteure außerhalb des Ökolandbaus, und das muss sich ändern, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Obwohl Sie wissen, dass Gentechnik über Wohl und Wehe des Biolandbaus entscheidet, gibt es enorme Mehrbelastungen dadurch, dass Sie der Zulassung des „Merkel“-Mais 1507 nicht widersprochen haben und dass die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht für Honig mit Gentechnik-Bestandteilen nun Ihre Zustim­mung gefunden hat. Die bittere Wahrheit ist: Wenn hier ein paar Freunde des Ökolandbaus reden, ändert das noch lange nicht die Agrarpolitik der Koalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Ökolandbau braucht ein vielfältiges Angebot von Saatgut. Das Problem ist, dass der Strukturwandel auf dem Züchtungsmarkt das Gegenteil bewirkt: mehr Kon­zerne, weniger mittelständische Züchter, die auf die An­forderungen eingehen. Deshalb muss man beispiels­weise die Forschungsmittel erhöhen. Man muss auch in die öffentliche Forschung einsteigen, um ökologische Tier- und Pflanzenzüchtung voranzubringen.

Es ist richtig: Die Vorlage der Kommission ist eine Katastrophe. Was aber gar nicht geht, ist, mit dem Finger nach Brüssel zu zeigen und sich zu Hause einen schlan­ken Fuß zu machen. Aber leider machen Sie genau das. Mit dem gleichen gespielten Erstaunen, mit dem Sie im Ausschuss unserem Antrag begegnet sind, werden Sie am Ende angesichts der Erfolglosigkeit in Brüssel ent­rüstet dem Wahlvolk erklären, Sie hätten sich ja bemüht, es hätte aber nichts genützt. Das haben Sie aber nicht. Es muss auch hierzulande etwas getan werden. Wer mehr Bio will, der muss auch vor der eigenen Haustüre keh­ren.

Danke schön.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

                                                                                                                 

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