Das Open-Source-System der Landwirtschaft bewahren

Bundestagsrede zum interfraktionellen Antrag "Biopatente" (Drucksache 17/8344) Wir haben in Europa ein bewährtes Sortenschutzrecht, das Landwirten und Züchtern die Nutzung neuer Sorten nach gewissen Regeln auf einfache Weise erlaubt. Das ist eine Art "Open Source“-System der Landwirtschaft. Ganz anders bei Biopatenten: auf die patentgeschützte Eigenschaft hat der Patentinhaber den alleinigen Nutzungsanspruch.

19.01.12 –

Bundestagsrede zum interfraktionellenn Antrag "Keine Patentierung von konventionell gezüchteten landwirtschaftlichen Nutztieren und -pflanzen" (Drucksache 17/8344)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Harald Ebner.

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf dem Speiseplan der Bundestagskantine stehen diese Woche Gerichte wie Gemüsecremesuppe mit Sonnenblumenkernen oder vegetarische Pizza mit Brokkoli. Sowohl auf Sonnenblumen als auch auf Brokkoli gibt es mittlerweile Biopatente. Wenn wir heute in Sachen Biopatente nicht handeln, kann es bald schon zu spät sein, und vielleicht muss die Bundestagskantine eines Tages für solche Zutaten Lizenzgebühren entrichten.

(Beifall der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

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Die Frage der Patentierung von Leben hat allerdings eine viel größere Tragweite als nur den Lizenzaufschlag an der Kantinenkasse. Wir haben in Europa ein bewährtes Sortenschutzrecht – Frau Dr. Happach-Kasan hat darauf hingewiesen –, das Landwirten und Züchtern die Nutzung neuer Sorten nach gewissen Regeln auf einfache Weise erlaubt. Das ist eine Art Open-Source-System in der Landwirtschaft. Ganz anders ist es bei Biopatenten. Auf die patentgeschützte Eigenschaft hat der Patentinhaber den alleinigen Nutzungsanspruch. Er kann theoretisch sogar die Verwendung seiner Eigenschaften untersagen. Es besteht Gott sei Dank breite Einigkeit in der Gesellschaft und auch hier im Hause – wie ich es allgemein höre –, dass wir Patente auf Leben nicht wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die 1998 beschlossene Biopatentrichtlinie der EU sollte genau dies eigentlich verhindern. Leider führen Lücken in eben dieser Richtlinie immer wieder dazu, dass trotzdem vom Europäischen Patentamt solche Patente erteilt wurden und werden. Kollege Miersch hat es am Beispiel des „Schnitzelpatentes“ ganz eindrücklich ausgeführt.

Ich erinnere daran, dass meine Vorgängerin im Argarausschuss, Uli Höfken – heute Agrarministerin in Rheinland- Pfalz – zusammen mit dem Kollegen Miersch bereits im Sommer 2010 die Initiative für den jetzt vorliegenden interfraktionellen Antrag gestartet hat. Hoffentlich gilt jetzt: Was lange währt, wird endlich gut. Gestern habe ich eine Pressemitteilung gelesen, die ich nicht ganz verstanden habe. Herr Lehmer, mir wäre es neu, dass der Kollege Miersch oder die Kollegin Höfken jetzt in der CDU wären; insoweit habe ich die Pressemitteilung im Hinblick darauf, von wem der Antrag jetzt ausging, nicht verstanden.

(Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Da waren Sie noch gar nicht da! – Gegenruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die CDU/CSU war es trotzdem nicht!)

Im vorliegenden Antrag wird endlich das Problem der Gesetzes- und Auslegungslücken bezüglich der Patentierung von traditionell gezüchteten Pflanzen und Tieren aufgegriffen. Das ist ein längst überfälliger Schritt. Besonders wichtig und dringend ist diese gemeinsame Initiative im Hinblick auf die jetzt anstehende Schaffung eines EU-weit einheitlichen Patentrechts. Dieses neue Patentsystem ist für die Biopatente von besonderer Tragweite. Deshalb freut es mich besonders, dass gerade bezogen auf das wichtige Handlungsfeld der Verankerung des Landwirte- und Züchterprivilegs ein breiter Konsens besteht, und zwar nicht nur quer durch die Gesellschaft und die Verbände, sondern auch hier im Hause.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Gut ist auch der gemeinsame Wille zum staatlichen Biopatent-Monitoring, das dringend notwendig ist und das bislang ausschließlich von Ehrenamtlichen mit einem Riesenaufwand geleistet wurde. An dieser Stelle möchte ich den Ehrenamtlichen ganz herzlich danken und meine Anerkennung ausdrücken. Es gibt aber auch Schatten. Wir hätten uns ein schnelleres Handeln gewünscht; aber besser spät als nie. Inhaltlich hätten wir natürlich gern die Erweiterung dieses Antrags auf die Gensequenzen und GVO gesehen. Hier besteht aus unserer Sicht derselbe Handlungsbedarf, weil die Folgen dieselben sind. Außerdem bräuchten wir beim EU-Patent auch eine Auskreuzungsregelung. Ich komme zum Schluss. Wir sind dennoch bereit, im Interesse eines gemeinsamen Signals aus diesem Hause diese Punkte zunächst hintenanzustellen und diesen gemeinsamen Antrag mitzutragen. Denn Biopatente sind viel häufiger Innovationsverhinderer als Innovationsförderer. Sie sind auch ethisch fragwürdig und führen zu soziökonomischen Verwerfungen. Der Weg, den wir heute beginnen gemeinsam zu gehen, ist daher richtig.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege.

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich hoffe sehr, dass daraus konkrete Schritte und Ergebnisse für Gesetzgebung und Regierungshandeln hier und in Brüssel hervorgehen. Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

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Biopatente | Bundestagsreden

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