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In Deutschland ist der Anbau von MON810-Mais seit 2009 verboten. Zahlreiche Länder weitere Länder in Europa – unter anderem Frankreich, Österreich, Ungarn, Griechenland, Luxemburg – haben ebenfalls nationale Anbauverbote für den MON810-Mais erteilt. Sie begründen diese Maßnahme vor allem auf Basis der in der EU-Freisetzungsrichtlinie verankerten „Schutzklausel“, wonach Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene Gentech-Pflanzen verbieten können, selbst wenn diese bereits eine EU-rechtliche Zulassung haben, wenn seit dem Tag der EU-Zulassung neue oder zusätzliche Informationen zu Tage traten, die berechtigte Zweifel an der Sicherheit der gentechnisch veränderten Pflanze aufkommen lassen. In Deutschland zum Beispiel wurde das Anbauverbot unter anderem damit begründet, dass eine neue wissenschaftliche Studie vorlag, wonach MON810-Mais zu einer erhöhten Sterblichkeit bei Wasserflöhen und Zweipunkt-Marienkäfern führt. Diese Studie wurde auch von Luxemburg als Begründung für sein nationales Einfuhrverbot angeführt.
Monsanto reicht 2008 vor einem französischen Gericht Klage gegen das nationale Anbauverbot für MON810 in Frankreich ein. Dieses legte die Klage dem EuGH vor. Der EuGH entschied nun, dass Frankreich formale Fehler im Zusammenhang mit dem nationalen Anbauverbot beging. Zum einen habe Frankreich nicht – wie erforderlich – die EU-Kommission rechtzeitig über die geplante Maßnahme informiert. Weiterhin basiere das Anbauverbot Frankreichs auf der falschen Rechtsgrundlage. Statt auf Basis der Freisetzungs-Richtlinie hätte Frankreich sein Anbauverbot auf Basis der Verordnung für Lebens- und Futtermittel (VO 1829/2003) erlassen müssen.
Der Fall geht nunmehr vom EuGH wieder zu dem französischen Gericht zurück. Es ist nun sehr wahrscheinlich, dass Monsanto vor dem Gericht Recht zugesprochen bekommt und somit das nationale Anbauverbot in Frankreich aufgehoben werden muss. Die französische Regierung hat jedoch bereits angekündigt, das nationale Anbauverbot auf Basis der korrekten Rechtsgrundlage erneuern zu wollen.
Bei der Bewertung des Urteils des EuGH im Fall des mit Gen-Pollen verunreinigten Honigs am 6.9.2011 waren sich (fast) alle Seiten einig: Imker in Deutschland haben einen Marktvorteil. Sie sind kaum von Verunreinigungen betroffen, weil in Deutschland der Anbau von MON810-Mais verboten ist. Das Urteil des EuGH nur zwei Tage später bedeutet nun nicht, dass das nationale Anbauverbot in Deutschland gekippt ist. Es ist kein Persilschein, mit der die Unbedenklichkeit von MON810-Mais bestätigt wurde, sondern das EuGH bezieht sich lediglich auf Formfehler Frankreichs.
Trotzdem muss Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner dringend die Konsequenzen des EuGH-Urteils für das nationale Anbauverbot in Deutschland sorgfältig prüfen. Denn Deutschland begründet sein nationales Anbauverbot ebenfalls mit der Schutzklausel der Freisetzungs-Richtlinie, aber – zum Glück - auch auf Basis der EU-Verordnung 1829/2003. Trotzdem muss sichergestellt werden, dass Deutschland nicht auch Formfehler vorgeworfen werden können, die im Falle einer Klage Monsantos vor einem deutschen Gericht das nationale Anbauverbot gefährden können.
Wir gehen davon aus, dass Ministerin Ilse Aigner ihre Hausaufgaben erledigt und das deutsche MON-810-Anbauverbot juristisch wasserdicht macht – notfalls wie in Frankreich geplant muss ein neu begründetes Anbauverbot ausgesprochen werden. Es ist für die gentechnikfreie Landwirtschaft, für Imker und für Verbraucher sehr wichtig, dass dieses Verbot Bestand hat.
Das Monsanto-Urteil gegen Frankreich zeigt auch, dass die EU-Mitgliedsstaaten mehr Möglichkeiten im EU-Gentechnikrecht brauchen, um den Anbau von Gentech-Pflanzen einschränken zu können. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich bei den anstehenden Verhandlungen der EU-Gremien zur Änderung der EU-Freisetzungs-Richtlinie für eine Erleichterung nationaler und regionaler Anbauverbote und bessere Haftungsregelungen einzusetzen und die Forderungen des EU-Parlaments vom 5.7.2011 zu unterstützen. Europa darf die Fehler der nord- und südamerikanischen Länder nicht wiederholen, die infolge intensiven Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen jetzt mit stark steigendem Pestizidverbrauch, resistenten Schädlingen und Unkräutern sowie sinkender Bodenfruchtbarkeit zu kämpfen haben.
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